Mit diesem Beitrag möchte ich Dich an meinen traumhaften Segeltagen im südfünischen Inselmeer, auch dänische Südsee genannt, teilhaben lassen. Hier gibt es viele Kleinode zu entdecken: Inseln mit drei Einwohnern (oder soll ich sie lieber Einsiedler nennen?), gar gänzlich unbewohnte Inseln, weiße Strände, türkises Wasser und geschützte Ankerbuchten sowie unmarkierte oder schmale, flache Fahrwasser bieten alles was das Segel-Abenteurer-Herz braucht. Zudem läuft das Leben hier noch ein wenig ruhiger ab als im restlichen Dänemark ohnehin schon, weshalb der Begriff „Südsee“ wirklich nicht ganz unpassend ist.
Time to Say Goodbye to Civilisation
Ich verabschiede mich von der Zivilisation in Svendborg und werde bei einer westlichen Brise von drei Windstärken von einer Gegenströmung mit bis zu drei Knoten im Svendborg-Sund überrascht. Ich habe zwar von den Stromverhältnissen vor Ort gelesen, aber mit dieser Stärke hatte ich nicht gerechnet. Da ich die Segel wie zuerst überlegt nicht schon im Hafenbecken gesetzt habe, gestaltet sich das Manöver im engen Sund-Fahrwasser einigermaßen schwierig. Durch die starke Querströmung vermag der Pinnenpilot den Bug nur annähernd im Wind zu halten. Ich muss mich recht beeilen beim Ziehen an den Fallen, da die Uferseite immer näher kommt. Sobald das Großsegel oben ist, falle ich ab. Die Baumfock setze ich am Wind, was bei dieser Windstärke gerade noch funktioniert. Spätestens ab der Durchfahrt unter großen Sundbrücke wird mir klar, dass mir der Wind die nächsten Seemeilen ziemlich auf die Nase pusten wird. Als halbwegs erfahrener Tidensegler und wissend um die bescheidenen Am-Wind Fähigkeiten meines Langkielers ist für mich klar, dass ohne Unterstützung durch den Diesel hier kein Blumentopf für mich zu gewinnen ist. Trotzdem lasse ich die Segel oben und kreuze das Sund-Fahrwasser voll aus. Die Untiefen sind für meinen Tiefgang weitestgehend irrelevant und am Nordufer kann ich so neugierige Blicke in die Vorgärten der prachtvollen Häuser mit den davor an den Privatstegen liegenden Yachten werfen.
Nach zwei Stunden kann ich endlich den lärmenden Motor abstellen und nur unter Segeln Richtung Süden abdrehen. Das Postschiff von Hjortø zieht an mir vorbei und weist mir den Weg, denn die kleine Insel soll mein Ziel für heute sein.
Die sichere Route
Ohnehin herrscht in dem gut betonnten Fahrwasser Højestene Løb ein reger Fährverkehr zwischen Svendborg, Skarø, Drejø und Ærø. An die weniger befahrene, eng an der Westküste der Insel Tåsinge entlang führende, unmarkierte Passage Knudedyb traue ich mich heute nicht ran. Das Fahrwasser ist nur wenige Bootsbreiten schmal, mit schnell auf unter einem Meter ansteigenden Gründen. Der Wind hat noch etwas zugenommen und so wäre eine Legerwall Situation ohne viel Sicherheitsabstand vorprogrammiert. Hätte ich ein Crewmitglied als Ausguck im Bug alles kein Problem, aber heute wähle ich die einfachere Route.
Eine nervenaufreibende Ansteuerung
Die Ansteuerung von Hjortø lässt meinen Puls noch einmal nach oben schnellen. Das Echolot ging runter bis 1,20 Meter, demnach wären noch 10 Zentimeter Wasser unter dem Kiel der Hoppetosse gewesen. Außerdem ist die erste Stange der Rinne nicht farblich markiert, aber eine grobe Peilung über den Daumen und der Hafeneinfahrt lässt mich vermuten, dass es eine Backbord-Begrenzung sein soll, was sich später als richtig herausstellt. Außerdem ist dieses eine gute Gelegenheit die Toleranz meines Echolotes einmal nachzumessen, was ich mir schon länger vorgenommen hatte. Der Abgleich mittels eines Handlotes im Hafenbecken bestätigt meine Vermutung, dass 30-50cm Puffer eingestellt sind, so dass die Ansteuerung wohl eine Mindesttiefe von 1,70 Meter vorzuweisen hatte. Das wirkt für meine Gedanken an die für morgen geplante Ausfahrt sehr beruhigend. Trotzdem scheint es, dass sich viele Yachten nicht in diesen urigen Hafen trauen, denn nebem dem bereits angekommenen Postschiff und einigen unbenutzten Angler-Nußschalen bin ich heute der einzige Segelgast. Das soll auch bis zum nächsten Morgen so bleiben. Damit habe ich endlich mal einen angemessenen Privathafen und kann mich über ausreichend Ruhe nicht beklagen.
Bei einem kurzen Inselrundgang lerne ich die zwei Straßen und das halbe Dutzend Häuser kennen. Beim Rückweg am Steinstrand werfe ich zudem einen Blick rüber zur mittlerweile gänzlich unbewohnten Insel Hjelmshoved. Bis vor einigen Jahren gab es wohl noch einen Bewohner in dem einzigen auf dem Eiland stehenden Gebäude, aber ich erkenne, dass die Natur bereits auf dem besten Wege ist, sich die Gemäuer einzuverleiben.
Eine tierische Überraschung
Nach einem sehr entspannten Abend mit einem tollen Sonnenuntergang, wache ich am nächsten Morgen vom Gezwitscher der Schwalben auf, die es sich in Scharen auf meinen Dirken bequem gemacht gemacht haben. Klingt ganz idyllisch, zieht aber eine nervige Vogeldreck-Befreiungsaktion meines Decks und Großsegels am Vormittag mit sich. Ich habe nämlich leider keine kleine Persenning für das Großsegel, sondern nur eine Vollpersenning, deren Anlegen gute zehn Minuten dauern kann, und das Betreten des Schiffes einigermaßen umständlich macht, weshalb ich auf diese meist verzichte, wenn ich nur für eine Nacht festmache.
Die Erkundung der „Foul Grounds“
Von Hjortø geht es weiter zur Insel Strynø. Bei leider nur einem Beaufort aus westlicher Richtung lasse ich mich die ersten zwei Stunden um die Südspitze von Hjortø treiben. Bei diesem Wetter wage ich mich auf die unbetonnte Route nördlich von Birkholm. In meinem Törnführer sind die zu verwendenden Landmarken wie sandige Steilküsten und Peilungen von Inselkanten detailliert beschrieben, so dass ich bei diesem ruhigen Wetter keine Bedenken habe, die „Foul Grounds“, die der Autor Clemens Richter in Firecrest rund Fünen schon so anschaulich beschrieben hat, zu erkunden. Mal ganz abgesehen davon, dass dieses Buch zu meiner liebsten Segelliteratur zählt, hat es mich in vielen Aspekten zu meinem Sommertörn inspiriert und nicht zuletzt bin ich so auch auf die Idee mit den polarisierten Gläsern für meine Sonnenbrille gekommen, die der Wasseroberfläche die Spiegelung nehmen und Dich die Untiefen erkennen lassen.
Maßarbeit im Hafenbecken
So erreiche ich wohlbehalten am Abend die kleine Insel Strynø, deren Hafen eine richtige Urlaubsstimmung ausstrahlt, was heißt dass er bereits gut gefüllt ist. In der hintersten Ecke finde ich noch den letzten freien Liegeplatz, der wie für mein Schiff zugeschnitten zu sein scheint. Der Anleger erfordert eine 270 Grad Drehung auf der Stelle mit 10 Zentimetern Platz vom Bug zum nächsten Schiff und vollem Körpereinsatz meines achterlich hängenden Dinghies, um uns von einem Dalben abzufendern. Zum Glück kann ich mich stets auf das schnelle Getriebe und den kleinen, aber kräftigen dreiflüglige Propeller verlassen, so dass ich die Hoppetosse ohne Probleme in die Lücke manövriert bekomme. Dafür erhalte ich im Laufe des Abends von mehreren Hafenkino-Zuschauern anerkennende Worte und Nachfragen, wie denn mit einem Langkieler so filigrane Hafenmanöver möglich seien.
Auf Strynø gibt es die letzte Werft, auf der die traditionellen dänischen Smakke-Jollen erhalten und gebaut werden. Darüber und was ich sonst noch in der dänischen Südsee erlebt habe, kannst Du in wenigen Tagen im zweiten Teil dieses Berichtes lesen.
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